Literae annuae collegii Telczensis

Der Kolleg und das Haus der dritten Probation in Telč/Teltsch

Das Ordenshaus in Teltsch wurde als Tertiat, d.h. als Haus der dritten Probation gegründet, in dem die letzte Phase der Formation der Jesuiten (sog. dritte Probation) verlief. Die ersten Tertianer, junge Geistliche, welche unlängst ihr Theologiestudium beendeten, versammelten sich hier zum erstenmal im Herbst 1655. Zur Entstehung des Tertiats, welches die Provinz mehr als dreißig Jahre ad hoc in verschiedenen Kollegien errichtete, kam es dank der nahen Beziehung der Gräfin Franziska von Slavata, geb. von Meggau zur Gesellschaft Jesu. Im Jahre 1650 schenkte diese Dame dem Orden einige Bürgerhäuser, welche sich in Teltsch nicht weit von der St. Jakob d. Ä.-Dekankirche befanden. Der Grundstein des Ordenshauses wurde dann am 26. Juli 1651 gelegt.

Mehr

Zuerst benutzten die Jesuiten die erwähnte Dekankirche zum Gottesdienst und in der Mitte der 60er Jahre wurde die Namen-Jesu-Kirche erbaut. Dank der immer freigebigen Unterstützerin Gräfin Slavata konnten die Jesuiten 1670 das Musikseminar errichten und 1670 wurde der öffentliche Schulunterricht eröffnet, zuerst nur in einer Klasse und später in zwei Klassen, die das niedrigere Gymnasium bildeten. Damit übernahm das Haus ebenfalls die Bildungsaufgaben des Ordens und konnte weiterhin als Kolleg genannt werden. Seit 1703 siedelte das Gymnasium im neuerrichteten selbsständigen Gebäude in der Nähe der Namen-Jesu-Kirche. Im Jahre 1709 wurde das Gymnasium schon vollklassig und drei Lehrer unterrichteten den Stoff der grammatikalen und humanitären Klassen.

Wenn auch die Obrigkeit immer Hauptmäzen des Teltscher Ordenshauses war, kann man nach 1702, als Franz Anton von Liechtenstein-Castelcorno die Herrschaft übernahm, ein bestimmtes Abkühlen der Beziehungen zu beobachten. Um so freigebiger äusserten kleinere Fundatoren ihre Unterstützung. Was die Teltscher Bürger bettrifft, kann man z. B. den langjährigen Primator Tomáš Hod von Elborod erwähnen, der u.a. die Lehrer der höheren Gymnasiumsklassen finanziel sicherstellte. Freigebigkeit erwies auch die Witwe Justina de Gregorio, geb. Kapet, welche u.a. die Stiftung für zwei tschechische Morgenprediger gründete. Nicht einmal der kleine Adel aus der Umgebung blieb beiseite. Man kann z. B. Matyáš Butz von Rolsperk, Angehörige der Familien Cantelmo oder Regal von Kranichfeld erwähnen. Aus der letztgenannten Familie stammte Maximilian Arnošt/Ernst, der seine Bibliothek den Teltscher Jesuiten schenkte.

Wichtig war auch die Unterstützung der weltlichen Geistlichen. Es handelte sich z.B. um Pfarrer auf den Patronatspfarren des Kollegs oder Verwalter der entfernteren Pfarrbezirke, die als ehemalige Studenten des hiesigen Gymnasiums den Teltscher Jesuiten ihre Bildung verdankten. Als Beispiel kann der Pfarrer von Trstěnice Kašpar Pokorný dienen, der insgesamt drei verschiedene Stiftungen gründete. Der Kolleg war also verhältnismäßig gut finanziell gesichert. Troztdem geriet auch sein Wirtschaften in den 40er Jahren in die Krise. In den letzten Jahrzehnten der Existenz des Ordens registrieren wir nichtdestoweniger solche Aktivitäten wie Austausch des Mobiliars der Namen-Jesu-Kirche oder Bauarbeiten an der Residenz in Knínice.

Die Aufhebung der Societas Jesu durch die Bulle des Papstes Kliment XIV. Dominus ac Redemptor noster brachte auch Ende des Teltscher Probationshauses. Die Liquidationskommission kam am 30. November 1773 in die Stadt und im März 1774 wurde auch das Gymnasium geschlossen. Der größere Teil der kleinen Teltscher Kommunität blieb jedoch in der Stadt oder in der Umgebung. Die jüngeren Jesuiten setzten ihren Dienst fort, z.B. als Prediger oder Kirchendiener, die älteren lebten von ihren Pension. Die Jesuiten der erneuerten Societas Jesu kehrten in Teltsch nicht mehr zurück.

Jahresberichte des Teltscher Ordenshauses

Die Jahresberichte (litterae annuae, oder auch nur annuae) für den Kolleg in Teltsch bestanden gewöhnlich aus zwei Teilen, die auch unterschiedliche Verfasser haben konnten. Der Bericht über den Zustand des Kollegs, in den auch Angaben über die Residenz und über den Wallfahrtsort in Knínice organisch eingereiht wurden, war meistens kürzer. Sein Inhalt entsprach den gründlichen thematischen Kreisen, wie sie die Paragraphen 28 und 29 der sog. formulae scribendi für die Jahresberichte begrenzten, welche Bestandteil der Ordensregeln bilden. Umfangsreicher wird gewöhnlich der Text, welcher der Missionstätigkeit der Väter der dritten Probation gewidmet wurde. Dieser enthält sowohl eine allgemeinere Beschreibung der Reisenziele und ihrer Ergebnisse (ohne konkrete Namen der Missionäre), als auch Schilderungen einiger beispielhaften Geschichten, die das missionäre Wirken illustrieren.

Mehr

Die Berichte wurden wahrscheinlich gleich am Anfang des folgenden Jahres erarbeitet und die Reinschriften wurden in einigen Exemplaren ausgefertigt. Zuerst ging es offensichtlich um zwei Exemplare und spätestens 1663 um vier Exemplare, von denen drei nach Prag gesandt wurden. Dort wurden sie eingebunden und entweder ans Generalat zugestellt oder nach einem festen Plan in die Provinzhäuser versandt. Die nach Rom angesandten Exemplare, deren Handschriften wir mit R bezeichnen, wurden im Generalatsarchiv (heute Archivum Romanum Societatis Jesu) deponiert. Eins der durch die Provinz umlaufenden Konvolute endete im Provinzarchiv in Prag (mit P bezeichnete Handschriften), das zweite wurde im Archiv des Noviziats in Brünn (mit B bezeichnete Handschriften) festgestellt. Heute befinden sich die Reihen ihrer Bände in der Nationalbiblithek in Prag, in der Österreichischen Nationalbibliothek in Wien und in der Wissenschaftlichen Bibliothek in Olmütz.

Die Kollektion der ursprünglich im Archiv des Kollegs in Teltsch aufbewahrten Jahresberichte, deren Handschriften wir mit T bezeichnen, ist heute in der Österreichischen Nationalbibliothek zu finden und zwar als Bestandteil eines Konvoluts, der zehn sekundär eingebundenen Textkomponenten aus dem Kollegsarchiv enthält (Scr. 20 N. 1–10), welche die zusammnfassende Bezeichnung Literae annuae. Historia Domus tragen. Es geht um Jahresberichte aus den Jahren 1656–1740, in deren Reihe die folgenden Jahre fehlen: 1659, 1661, 1667–1669, 1672–1675, 1679, 1681, 1684, 1686–1687, 1691, 1693, 1708–1709, 1727–1728, 1734, 1736–1738. Manche Berichte, z.B. diejenige, die sich zu den Jahren 1704, 1719, 1735 und 1740 beziehen, sind wahrscheinlich nicht vollständig. Unter den Handschriften überwiegen Reinschriften, es gibt jedoch auch auf verschiedene Weise bearbeitete Konzepte oder paarhaft erhaltene Reinschriften und Konzepte.

Neben der Jahresberichte sind hier dreimal sog. supplementa historiae, Texte zur Geschichte des Kollegs in den Jahren 1729–1733 und Unterlagen für die Provinzannale aus den Jahren 1749, 1751, 1757 vertreten. Zu den Jahresberichten bezieht sich auch die Komponente 9 desselben Konvoluts, die einige Fragmente der kurzen Texte enthält, welche einzelne Jesuiten als Unterlagen zu Jahresberichten und Elogien dem Rektor abgaben. Unabhängig davon blieb der Jahresbericht für das Jahr 1676 im Mährischen Landesarchiv in Brünn erhalten, der das umfangreiche Elogium der Gründerin des Kollegs in Teltsch Franziska von Slavata enthält.

Eintritt in die Digitale Edition

Jahr Editionstyp
1702 Vollständige textkritische Edition
1729 Kommentierte Edition mit dem vereinfachten textkritischen Apparat
1719 in Vorbereitung
1724 in Vorbereitung